13./14. September 1995 Fachtagung Thermoformung
im Maritim Hotel am Schloßgarten, Fulda
Fachgruppe Thermoformung des Fachverbandes Technische Teile (FV TT)
im Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V.
“Trends der dekorativen Beschichtung im Hochvakuum”
von Oliver Korsch, Firma Vakulux GmbH in Löhnberg an der Lahn
Ausschnitt aus Tagungshandbuch:
“Lassen Sie sich gedanklich durch die Einkaufsstraßen unserer Städte führen, hinein in das bunte Treiben einer qualitätsorientierten Gesellschaft, die auf der Suche nach dem täglichen Bedarf dort auf allerlei Nützliches, und zugegeben, manch Unsinnigem stößt, aber dem Drang nach Individualität, Schönheit und Wohlbefinden zur Genüge nachkommt. Wir werden feststellen, dass die Geschäfte, mehr oder weniger voll, je nach Preislage eine Stimmung ausstrahlen, die getragen ist von einem gewissen Image, einer gewissen Qualität oder einem kostengünstigen Preis. Manches verspricht sogar die Summe dieser Verkaufsauslöser anzubieten. Mit gutem Erfolg. – Denn es ist ja nicht alles gleich Gold, nur weil es glänzt!- Und abgesehen von einer zahlenmäßig recht kleinen Gesellschaft, wird sich wohl kaum jemand seinen Toilettendeckel mit echtem Gold belegen lassen. Doch jeder greift zu silber- und goldfarbenen Zahncremespendern, denn diese passen doch so gut zum verspiegelten Badezimmerambiente . Selbst beim Griff zum Schokoladenlikör zielt man unwillkürlich zum echten 24 – Karat – Gold – Barren, und wer hat schon nicht gerne davon mindestens einen im Hause? Die Nachfrage nach metallischem Glanz ist ungebrochen, nur der Markt kommt fast nicht mit. War vor Jahren noch die rustikale, bäuerliche Küche mit Leinen -Lampenschirm über der Essecke gefragt, so ziert sie heute der moderne Edelstahl – Profi – Arbeitsplatz, mit integriertem Kaltlichtspiegel im hochglänzenden Kunststoffdekorring, und über dem Essplatz wird der Bewohner via Hochglanz – Spots angeleuchtet. Vor der Käse- oder der Gebäcktheke strahlt das Licht umgelenkt durch Filter oder spezialbeschichtete Hochglanz-Downlights die Ware so an, dass sie noch frischer als frisch und gerade erst gebacken erscheint!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie werden sich sicher fragen , warum ich Ihnen scheinbar den Eindruck einer künstlichen Gesellschaft zu vermitteln versuche, wo doch der Trend in uns allen klar zum natürlichen, naturverbundenen Ökobewusstsein tendiert. Der Begriff Umweltbewusstsein ist für unsere Zukunft maßgebend, obwohl die Werbung uns damit täglich “totschlagen” möchte, und unser Bewusstsein hierdurch eher leidet als gefördert wird. Es ist aus ebensolchen Gründen zu verstehen, dass wir nicht nur nach einem funktionierenden Qualitätsmanagement, sondern auch an Hand eines umweltgerechten Produktionsprozesses, einer sogenannten Öko – ISO – Norm gemessen und bewertet werden. Dies hat jedoch genauso seine Konsequenzen, wie es beim Aufbau eines Qualitätssicherungssystems nach ISO 9000 ff. der Fall ist. Der Aspekt der umweltgerechten Herstellungsvarianten wird uns, auch wenn wir auf keine hellseherische Fähigkeiten zurückgreifen können, in naher Zukunft auf Schritt und Tritt verfolgen. Um so wichtiger wird es sein, eine Ressourcen sparende, dem Menschen verträgliche und qualitativ hochwertige Produktpalette anzubieten, die in einem vernünftigen Kosten – Nutzen – Verhältnis steht, dem Käufer aber auch den Eindruck eines hochwertigen Teils vermittelt.
Es erübrigt sich zu erwähnen, dass die Handwerkskunst nur noch einer gewissen kleinen Käuferschicht vorbehalten, und nicht zur industriellen Massenteilefertigung als Konkurrenz zu zählen ist. Nein, längst hat das Kunststoffprodukt Einzug in unser Leben gehalten und sich dort in ungeahntem Maß etabliert. Dies auszuführen würde den heutigen Zeitplan stark strapazieren. Obwohl, wenn man mal so fragt, ist es ja “nur Plastik”, was da in immer mehr steigenden Märkten eingesetzt wird. Erst wenn ES glänzt oder hochspiegelnd ist, verleiht es unserem Auge den Charakter eines hochwertigen Teiles, und im Sinne der ” Es muss nicht alles Gold sein, was glänzt “- Philosophie ist es möglich, den Verbraucher damit zu faszinieren.
Die Metallisierung von Kunststoffen im Hochvakuum hat ein breites Anwendungsgebiet gefunden. Die Dünnschichttechnik birgt viele Möglichkeiten: Vakuumbeschichtungsverfahren, basierend auf dem Aufdampfprinzip, sind etablierte Verfahren zum Metallisieren von Kunststoffteilen. Diese PVD – Prozesse { Physical Vapor Deposition ), also das physikalische Aufdampfen, kennen wir aus allen Bereichen der Industrie. Durch den sehr hohen Grad an Flexibilität ist das Verfahren für vielfältige unterschiedliche Anwendungsfälle nutzbar. So werden Automobil – Scheinwerfer, Reflektoren für die Leuchten Industrie mit hochreflektierenden Aluminiumschichten zur besseren Lichtausbeute eingesetzt. Es können so gut wie alle bekannten Kunststoff – Materialien eingesetzt werden. Vom Spielzeugteil bis zur Thermoskanne, von der Lippenstifthülse bis zur qm-großen Fläche ist hier alles möglich. PVD – Prozesse belasten die Umwelt praktisch nicht.
In der industriellen Beschichtung werden heute im wesentlichen zwei Verfahren eingesetzt:
1) das Hochvakuum – Aufdampfverfahren = bedampfen
2) das Hochvakuum – Kathodenzerstäubungsverfahren = sputtern
1) Bei der Vakuumbedampfung wird das Substrat in großen Kesseln in einem Druckbereich von ca. 1 x 10*5 mbar gepumpt. Das Beschichtungsmaterial, meist reinstes Aluminium, wird durch widerstandsbeheizte Glühwendeln auf Temperaturen nahe dem Siedepunkt gebracht und verdampft in dem Kessel. Charakteristisch für alle Aufdampfverfahren ist eine lokale Dampfquelle, und eine sich im Dampf drehende oder durch den Dampf bewegende Substratfläche. Bei stationären Anlagen werden die zu beschichtenden Substrate zur Erzielung einer möglichst gleichmäßigen Schichtdicke auf kreis oder planetenförmigen Bahnen über der Dampfquelle bewegt. Das Metall kondensiert auf der Substratoberfläche. Der zeitliche Rahmen des Bedampfungsvorganges, nach Erreichen des erforderlichen Vakuums, ist abhängig von der Funktion der Schicht und der Geometrie des Teiles und variiert im Sekunden- oder wenige-Minuten-Bereich. Die Stärke der aufgedampften Metallschicht lässt sich in Grenzen regulieren und weist meist eine Dicke von ca.0,2 mü bei dekorativer Anwendung auf. Bei funktionellen Schichten, wie sie in der elektromagnetischen Abschirmung eingesetzt werden, liegen sie deutlich höher als 1 mü, sie sind dann jedoch nicht mehr glänzend, sondern verfärbt.
Diese Abschirmschichten werden z. B. in der Kommunikationstechnik, wie bei Handys, Autotelefonen, Vermittlungsanlagen, sowie im medizinischen, dem Computerbereich, in der Messtechnik und im Gehäusebau für elektronische Geräte angewandt. Es sei anzumerken, dass hierbei der sogenannte Elektro Smog in seiner Gehäuse Grenze gehalten wird. Der Vorteil der Vakuum Bedampfung gegenüber dem galvanischen und dem konventionellen Verfahren, wie Auftrag von Leitlacken etc., liegt neben den günstigeren Beschichtungskosten, in der Möglichkeit, selektiv nur die Innenseite von Gehäusen zu beschichten, oder auch durch Maskierung gezielt Funktionsflächen von der Beschichtung auszusparen. Auch ist hierbei wiederum die Auswahl des Kunststoffes wesentlich vielseitiger, da kein galvanischer Zusatz im Grundmaterial erforderlich ist. Generell lassen sich bei der Vakuumbeschichtung Substrattemperaturen, Beschichtungsraten, sowie Struktur, Dichte, Härte, elektrische Leitfähigkeit und optische Eigenschaften gezielt beeinflussen. Es sind Produkte herstellbar deren kombinierte Eigenschaften mit dem Grundwerkstoff allein nicht erreichbar wären. Bei der dekorativen Beschichtung wird meist ein spiegelnder Hochglanz mit größtmöglicher Reflektion verlangt, also der Eindruck des hochglanzpolierten Metalls.
Um eine qualitativ hochwertige Oberflächenveredelung durchzuführen, bedarf es einer Reihe von Spezifikationen, die nachfolgend beschrieben sind.
Das Ziel der Oberflächen Veredelung ist die Herstellung einer farbneutralen, hochreflektierenden und beständigen Oberfläche. Im Allgemeinen ist dabei auf folgendes zu achten:
Generell muss von allen zu metallisierenden Materialien verlangt werden, dass sie eine ausreichend glatte Oberfläche aufweisen, welche absolut sauber und frei von Fettrückständen, Formtrennmitteln etc. sein müssen. Silicone dürfen auf keinen Fall Verwendung finden, weil sie Haftungs- und Verlaufsstörungen bei der eventuell nachfolgenden Lackierung hervorrufen. Bei im Spritzgiessverfahren hergestellten Artikeln werden zur leichten Verarbeitung oft noch Schmiermittel zugesetzt. Während des Spritzvorgangs schieben die flüssigen Kunststoffströme diese Schmiermittel ( meist Stearate oder Wachse ) vor sich her. Vereinigen sich diese Fliessströme, so liegt dort eine starke Konzentration dieser Schmierstoffe vor und es kann später hier durch ein Ausschwitzen, eine Fleckenbildung oder das Auftreten von blinden Stellen in der Metallisierung Grund zu Beanstandungen geben. Die Vorlackierung oder das Primeren geschieht aus zwei Gründen: Einerseits werden Oberflächenstrukturfehler reduziert oder überdeckt und andererseits wird die Haftung der anschließend aufgedampften Metallschicht erhöht. Zu den materialbedingten Oberflächenfehlern gehören Verschmutzungen aller Art. Alle Oberflächenfehler führen zu Verlaufsstörungen bei der Lackierung. So verhindern Verschmutzungen eine gleichmäßige Benetzung der Oberfläche und setzen die Haftung herab.
Strukturen in der Oberfläche können, wenn sie klein sind von der Lackschicht ausgeglichen werden. Überschreiten die Abmessungen der Fehler jedoch etwa die Dicke der Lackschicht, können sie nicht mehr vom Lack abgedeckt werden und bleiben als Störung sichtbar. Grate (Störungen im Oberflächenverlauf mit kleinen Radien) können die Lackschichtdicke ebenfalls am Ort herabsetzen. Daraus ergibt sich, dass die Rohteile möglichst:
a) fettfrei b) frei von Ölemulsionen c) staubfrei ( weitestgehend ) d) Silicon frei e) in Folien verpackt
zum Metallisieren angeliefert werden sollten. Die Rauigkeit der Oberflächen, sofern sie nicht geforderter Bestandteil der Oberfläche ( z. B. erodierte Teile ) sind, sollten so klein wie möglich gehalten sein. Eine gute Polierung des Spritzgusswerkzeuges kann hier Wunder bewirken. Rautiefen und Oberflächenstrukturen, wie Kratzer, Poren, Grate und Lufteinschlüsse sind zu vermeiden.
Nach der Grundierung mit einem Primer Lack werden die Kunststoff teile in Hochvakuum Anlagen metallisiert. Die dünne und empfindliche Metallschicht wird, je nach Verwendungszweck, entweder mit einer zweiten, im Hochvakuum aufgebrachten dünnen Plasma Polymer Schutzschicht versehen, oder, wiederum je nach Verwendungszweck, mit einem Topcoat(einer Lackschutzschicht) versiegelt. Goldene oder andere transparente Farbtöne, z. B. metallisch aussehendes Grün, Rot, Blau oder Gelb, entstehen, wenn Aluminiumschichten aufgedampft und durch einen entsprechenden farbigen Lack geschützt werden. Auf diese Art können alle gewünschten Farbtöne produziert werden.
Problematisch ist dabei gleichmäßige Schichten mit Lacken zu erreichen. Ungleichmäßige Lack- Schichtdicken- Kanten und Sicken führen zwangsweise zu Farbveränderungen. Bei kleinen Cremedosenverschlüssen lassen sich dadurch problemlos mehr als 10 verschiedene Farbvarianten feststellen.
2) Abhilfe schafft hier ein ganz neues Verfahren, das Sputtering (Kathoden-Zerstäubung) = sputtern :
Die diesem Verfahren zugrundeliegenden physikalischen bzw. chemischen Effekte sind bereits seit dem letzten Jahrhundert bekannt, fanden aber erst in den letzten Jahrzehnten großtechnische Anwendung. Die Kathodenzerstäubung wurde bisher aufgrund vergleichsweise niedriger Beschichtungsraten und der aufwendigeren Technik in der Kunststoffmetallisierung nur bei speziellen Anwendungen eingesetzt. In der CD Herstellung hat die Sputtertechnik die ursprünglich eingesetzte Aufdampftechnik inzwischen völlig verdrängt.
Mit der Entwicklung neuer Hochleistungskathoden, sowie neuer, kurzgetakteter Metallisierungsanlagen wird sich dieser Trend in der Formteile Verspiegelung wiederholen, da der Vorteil, verschiedenste Metalle und deren Legierungen im Hochvakuum auf nahezu jeden Untergrund auftragen zu können derzeit nur mit Hilfe der Kathodenzerstäubung (sputtern) erzielbar ist.
Doch, wie funktioniert dieses Konzept:
Bei der Kathodenzerstäubung wird der Vorrat an aufzubringendem Material ( das sogenannte Target ) als Kathode einer elektrischen Gasentladung geschaltet. Die Gasentladung wird in einer Argon-Atmosphäre betrieben. Argon – Ionen werden auf die Kathode beschleunigt und schlagen dort per Impulsübertragung Atome heraus, die sich auf dem gegenüber angeordneten Substrat niederschlagen. Die Beschichtung von dreidimensionalen Teilen wie z. B. KFZ -Scheinwerfern, KFZ Rückleuchten, Reflektoren für die Wohnraumbeleuchtung, Spiegel oder Deko Artikel mit reinen Metallen wie Gold, Silber, Alu, Kupfer oder deren verschiedenster Legierungen wie Edelstahl / Chrom – Nickel etc., erfolgt in einer Kurz Takt – Anlage, in der es möglich ist, je nach Substrattiefe Beschichtungszeiten von ungefähr 30 – 50 Sekunden zu realisieren, wobei die Chargenzeit, ähnlich wie bei Lackierrobotern, zu einer Verknüpfung und Ankoppelung an Vor- und Nachbehandlung erfolgen kann. In aller Regel besitzen mit Sputtern aufgebrachte Schichten eine größere Haftfestigkeit als aufgedampfte Schichten. Der Grund dafür liegt in der 10 mal höheren Energie der gesputterten Teilchen, verglichen mit aufgedampften Teilchen. Dies führt zu einem einige Atomlagen tieferen Eindringen der ersten gesputterten Atome in das Substrat und bewirkt eine Verzahnung von Schicht auf Substrat. Des weiteren sind die Schichten kompakter wegen der höheren Dichte und haben im allgemeinen eine andere Gefügestruktur als beim Aufdampfen.
Die zu beschichtenden Teile, z. B. einige Scheinwerferreflektoren, werden in eine Trog artige Aufnahme, die mit einer Halte- und ggf. auch Maskierungsvorrichtung ausgestattet ist, einfach eingesteckt. Auf Knopfdruck schließt die Ladeluke und die neue Charge wird in einer Schleuse vorevakuiert. Währenddessen wird in der Beschichtungskammer bis ins Hochvakuum heruntergepumpt und die Teile innerhalb von ca. 20 Sekunden von einer feststehenden Kathode , beispielsweise mit Edelstahl, AI., oder CuAl beschichtet. Anschließend werden der vorevakuierte und beschichtete Trog von einem einfachen Schwenkmechanismus ausgetauscht, die metallisierten Teile entladen und ein neuer Zyklus begonnen.
Bei Firma Vakulux werden nun die entnommenen Teile mit einem Hard Coating System transparent schutzlackiert. Dies erfolgt in einer Roboterlackieranlage, in der auch die vorangegangene Primer Schicht aufgetragen wurde.
Eine ganze Reihe von Vorteilen bietet hier unser Einsatz UV-härtender Lacke.
Gegenüber konventionellen oxidativ trocknenden Systemen, ist das Lacksystem mit weit mehr als 50% weniger Lösemittel ausgestattet und zählt zu den Applikationssystemen der Zukunft. Innerhalb weniger Sekunden ist das System ausgehärtet und bietet die Möglichkeit , je nach Verwendungszweck des Teils, beständig gegen z. B. diverse Parfüms in der Kosmetikindustrie und anderen Aggresiva ( Alkohol, Benzin, Laugen ), tropenbeständig, unlöslich gegenüber bestimmten Lösungsmitteln, Abrieb- u. kratzfest, UV -Licht- und Wärmebeständig, etc. zu sein.
Beste Erfahrungen konnten gemacht werden mit speziellen UV härtenden Silikon – Hartbeschichtungen, nicht nur als kratzfester Schutz für Reflektoren, sondern auch bei transparenten wärmeempfindlichen Kunststoffteilen, als eine klare, nicht vergilbende, praktisch unsichtbare Hochleistungs Silikon Hartbeschichtung, das z. B. Polycarbonat gegen Abrieb, Chemikalien und Feuchtigkeit schützt. Es widersteht den schädigenden Auswirkungen ultravioletten Lichts und Witterungseinflüssen, wodurch die Lebensdauer von Polycarbonat in Außen Anwendungen erheblich verlängert wird.”